NWZ 26.03.19

Von Christoph Keller

EVERSTEN „Und dann möcht’ ich tauchen in die Tiefen, mich versenken in den Wunderschein, und mir ist, als ob mich Engel riefen in die alte Wunderstadt herein“ (Wilhelm Müller) – Zu welch gewaltigen Bildern Dichter und Komponisten durch die Allegorien von Feuer und Wasser angeregt wurden, zeigte ein tief beeindruckendes Konzert am Sonntag in der Ansgari-Kirche. Unter der inspirierenden Leitung von Johannes von Hoff sang der bestens disponierte Oldenburger Kammerchor a cappella

Werke zum Thema „Feuer und Wasser“ aus verschiedenen Stilepochen. Schon beim ältesten Chorwerk „Fyer, Fyer!“ von Thomas Morley entfalteten die gut 30 Sängerinnen und Sänger einen effektvollen Klangraum durch eine äußerst präzise Phrasierung und in den einzelnen Stimmen rasch wechselnde Akzente. Dass das Feuer nicht nur in der Liebessehnsucht verzehren kann, sondern auch gewaltig zerstören, wurde deutlich in Eduard Mörikes dramatischem „Feuerreiter“, vertont von Hugo Distler, der vom Chor mit intensiver Dichte und einnehmender dynamischer Vielfalt ausdrucksvoll dargeboten wurde.

Bernhard Hackmann rezitierte in lebendiger Weise passend ausgewählte Texte, darunter „Aus Feuer ist der Geist geschaffen“ von Ernst Moritz Arndt. Diese boten zahlreiche ergänzende Perspektiven zur Grundthematik.

Im Gedicht „Vineta“ von Wilhelm Müller, vertont durch Johannes Brahms, sang der Kammerchor mit sehnsuchtsvollen melodischen Aufschwüngen von der versunkenen alten Wunderstadt. Das Wasser als Element der Verwandlung wurde beim harmonisch avancierten „Full fathom five“ von Ralph Vaughan Williams deutlich, wo der Chor mit aparten Dissonanzen die zauberhaften Glockentöne der alles verwandelnden Nymphen schilderte.

Es war äußerst beeindruckend zu erleben, mit welcher Präzision und Intonationssicherheit der Kammerchor bei den Werken des 20. Jahrhunderts selbst harmonisch dichteste Satzstrukturen und sich überlagernde Harmonien gestaltete. In Eric Whitacres „Water night“ und J. W. Goethes „Gesang der Geister über den Wassern“ verwandelte sich die Allegorie des Wassers zu mannigfaltigen Bildern der menschlichen Seele.

Ein lettisches Volkslied bildete die Hauptmelodie in Eriks Esenvalds 2012 komponiertem „Northern Lights“. Zum Ausmalen der zauberhaften Atmosphäre des Wunderscheins der flammenden Polarlichter „auf denen Träume in unbekannte Welten reisen“ setzten die Sänger zusätzlich Wassergläser und Glocken ein.

Die Lichtinstallation von Rainer Martens drückte beide Elemente in den modifizierten Grundfarben rot und blau aus. Erst mit den „Northern Lights“ verschmolzen diese und am Ende wirkte das große Kreuz im Altarraum über dem Chor durch die fließenden Lichtbewegungen wie verwandelnd.