NWZ – 17.04.2012 – Andreas R. Schweiberer

OLDENBURG – Zehn europäische und amerikanische Chorwerke a cappella und zwei Orgelwerke erklangen in der Ansgari-Kirche in Eversten. Johannes von Hoff und der Oldenburger Kammerchor begeisterten die zahlreichen Zuhörer mit einem stimmigen Programm mit Impressionen aus dem Leben Jesu.

Im Zentrum stand eine schlanke und rhythmisch federnde Interpretation von Bachs umfangreicher Motette „Jesu, meine Freude“ BWV 227. Die symmetrisch angelegte fünfstimmige Motette beginnt und endet mit einem Choral, zupackend und geschmeidig intoniert, künstlerischer Höhepunkt ist die Ausdeutung des Bibelwortes „Ihr aber seid nicht fleischlich, sondern geistlich“. Hier wie auch bei weiteren prägnanten Texten in Latein, Deutsch und Dantes Übersetzung des Vaterunsers ins Italienische bestach der Chor durch eine klare Aussprache und die detailversessene Ausdeutung. Umfasst wurde die Motette vom „Präludium und Fuge e-Moll“ BWV 548 und einem zeitgenössischen Werk von Zsolt Gárdonyi, die eindrucksvoll von Johannes von Hoff interpretiert wurden. Zwei Motetten von Poulenc, „Vinea me electa“ und „Tenebrae factae sunt“ waren der Verzweiflung und dem Kreuzestod Jesu gewidmet. Die fahlen, irritierenden Dissonanzen, mit denen die Kreuzigung unterlegt wurde, sang der Chor mit großer expressiver Kraft und unter die Haut gehender Glaubwürdigkeit.

„Lux aurumque“ von Eric Whitacre und „O nata lux“ von Morten Lauridsen ließen amerikanische Kompositionen hören, die nicht nur sprachlich an das alte Europa anschließen. Allen Kompositionen, so auch dem eindrucksvoll modernen „Deus, qui illuminas“ des Basken Julio Dominguez, war es ganz ernst: ernst in der Haltung, ernst im Bewahren einer großen Motetten-Tradition und ernst im Ernstnehmen des Wortes in seiner sprachlichen und religiösen Bedeutung. Dieser Ernst machte Freude, ließ die Zuhörer 105 Minuten still und gebannt lauschen, um dann in einen nicht enden wollenden Beifall auszubrechen. Die Zugabe, ein Gospel, fiel naturgemäß aus dem ernsten, verinnerlichten Rahmen und wurde vielleicht gerade deshalb noch ein wenig ausgelassener gefeiert.

Quelle: https://www.nwzonline.de/kultur/oldenburg-konzert-impressionen-aus-leben-jesu-mit-expressiver-kraft_a_1,0,512364313.html